Profi zu Gast - Die Knurrhähne

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Profi zu Gast

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Clemens Tiburtius
Der Gentleman unter den Jazzern zu Gast bei den Knurrhähnen
In diesem Jahr stehen viele Auftritte für die  Knurrhähne an und natürlich möchte unser Chorleiter Gerrit uns möglichst fit und sängerisch kompetent präsentieren; besonders aber hinsichtlich des Chorwettbewerbs des Mitteldeutschen Sängerbundes am 21. November in Hannoversch Münden, wo wir uns um das Prädikat „Pop- und Jazzchor“ bemühen werden.
Und so schaffte Gerrit es tatsächlich, den großen Meister Clemens Tiburtius zu einem Workshop am 25. April nach Unshausen  zu holen.
Der in Berlin lebende Alleskönner, der an der Hochschule für Musik „Franz Liszt“ in Weimar das Fach Jazzgesang studierte, brilliert nicht nur als Sänger, Musiker, Musical- Darsteller, Moderator, Bandgründer und -mitglied, sondern auch als Ausbilder. Neben Lehraufträgen und Gastprofessuren an Universitäten ist sich der 48-jährige international tätige Künstler aber nicht zu schade, auch kleinen „ländlichen“ Chören sein Wissen auf Lehrgängen zu vermitteln und sie zu Höherem zu animieren.
So wurde seine Ankunft im DGH mit Spannung erwartet.  Um 11 Uhr sollte es pünktlich losgehen; die Chormitglieder versammelten sich zahlreich und einigermaßen aufgeregt in Erwartung dessen, was wohl kommen mochte.

Und dann kam er, im Anzug und mit locker umgeschwungenem Schal, gestylt und energiegeladen, und verblüffte uns von Anfang an mit seiner Heiterkeit, Unkompliziertheit und seiner geduldigen und doch bestimmten Art.

Begonnen wurde mit Lockerungsübungen „von oben bis unten“, denn der Körper als Ganzes trüge die Stimme. Artikulations-, Rhythmik-, Gestik- und Mimikübungen komplettierten die Aufwärmrunde, so dass wir uns gut vorbereitet sahen. Übrigens:  Die Grimassen, die während der Übungen geschnitten wurden und Anlass für viele Lacher gaben, seien laut Tiburtius vollkommen überbewertet, da man sie von Weitem ohnehin nicht sähe.

Dann ging es in medias res: Zunächst wollte Tiburtius den Gesamtklang des Chores hören; „Tears in Heaven“ schien geeignet, sich einen ersten Eindruck zu machen. Auch als Pianist zum Einsatz kommend, begleitete Tiburtius uns Sänger und hörte sofort, wo anzusetzen war: Einsätze, Aussprache, Rhythmik, Intonation, Lautstärke und vieles mehr wurden besprochen und verbessert. Dabei kam zwischendurch immer mal der begnadete Jazzer heraus, der auf der Luftgitarre Jazzrhythmen „vorspielte“ und das faszinierte Publikum erheiterte.

Bei „Hit the road, Jack“ durften wir dann endlich mal den „Dreck in unserer Stimme“ rauslassen (wer auch immer ihn hatte…); die Rap-Sprechpassagen wurden viele Male geübt und wir begriffen, dass man beim Jazz und ähnlichen Musikstilen gerne auch mal Wörter weglassen darf; der Text versteht sich wie von selbst, auch mit Auslassungen. Und immer wieder Rhythmik, Rhythmik…

Die Mittags-und Kaffeepausen mit Bistro-Pizza und Kaffee und Kuchen waren wirklich nötig, um die leeren Akkus der Sängerinnen und Sänger wieder aufzutanken. Dieses Gefühl hatte man allerdings bei dem Multitalent Tiburtius nicht; immer wieder konnte er mit seiner energiegeladenen, lustigen Art motivieren und zur Weiterarbeit ermutigen, und selbst beim Zigarettchen während der Pause gab er noch Tipps und war zum Gespräch bereit. Ein disziplinierter Vollprofi eben, ohne jegliche Attitüden.

Der Hauptfokus lag dann aber auf dem Stück für den Chorwettbewerb, „Auf uns“ von Andreas Bourani und Oliver Gies. Ein tolles Stück, das uns aber auch an unsere Grenzen bringt. Auf den ersten Blick gar nicht so schwer, kristallisiert sich doch die Raffinesse in den wechselnden, ineinander eingeschobenen Einsätzen der Stimmen heraus. Bei dem rhythmisch sehr anspruchsvollen Lied hatten nicht nur die „Sopranos, Mezzos und Altistinnen“ mit ihrem „ging, ging, ging“ zu tun; auch „die Tenöre und die Männer“ (Zitat Tiburtius) waren schwer gefordert. Synchrones Sprechen mit besagten Auslassungen oder wenig betonten Wörtern, Tonfolgen, bei denen man „schmieren“ durfte, und natürlich trotzdem sauberes Singen „von oben“ gaben immer wieder Anlass zum Wiederholen.

Um uns nach der Anstrengung dieser intensiven  Arbeitsphase wieder ein bisschen runterzuholen, schlug Tiburtius dann vor, eine kurze Auszeit mit der Ballade „As tears go by“ zu nehmen, bei der wir Ähnliches wie beim ersten Lied erarbeiten und anwenden konnten.

Die Tränen gingen schnell vorbei, als sich Clemens und die Knurrhähne auf Grönemeyers frustrierende Parkplatzsuche machten. Da wurde laut und quäkend gehupt, à la Herbert genuschelt und verschliffen und mancher rhythmischen Spitzfindigkeit auf den Grund gegangen. Und spätestens, als die Männer und Bässe klatschnass geschwitzt waren, stand fest: Der Mambo ist kein Samba!
Zum Abschluss dieses ereignisreichen Workshops ging zwar noch nicht die Sonne auf, aber es zeigte sich schon ein deutlicher Silberstreif am Horizont: Der Wahlpflichtsatz „Here comes the sun“ wurde angesungen. Ein Stück, das uns rhythmisch und harmonisch einiges abverlangen wird, aber wenn Clemens meint: “Ihr schafft das“, dann werden wir im November bestimmt nicht im Regen stehen!
Man fühlte sich während seiner gesamten Ausführungen und Korrekturen weder überfahren und  überfordert oder heftig kritisiert, sondern verstanden, gefordert und motiviert. Feinfühlig erkannte er auch, wenn der Spannungsbogen nachließ, sich Müdigkeit einschlich oder man im Moment nicht weiterkam.
Ein lohnender Tag - anstrengend zwar, aber ungleich ergiebig und:
Es hat auch noch Spaß gemacht! Wir sagen herzlichen Dank für jeglichen Einsatz und sind sicher, dass dieser Workshop Früchte tragen wird!
Christina Engelbrecht, Soprano und blond…
Sabine Ziegler, Mezzo und brünett...

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